02.02.12

"Schornstein"-Technik in Bethanien rettet Bauchschlagader und Leben

OP-Technik wurde erstmals in einem Moerser Krankenhaus angewandt</

Konzentriertes Arbeiten im Operationssaal der Gefäßchirurgie Bethanien. "Bei dem Patienten besteht eine Aussackung der Bauchschlagader, ein so genanntes Bauchaortenaneurysma. Das musste unbedingt schnell operiert werden", sagt Chefarzt Prof. Bruno Geier. Bei der Operation kommt ein neues Verfahren zum Einsatz, das dieser Tage erstmals in einem Moerser Krankenhaus angewandt wurde. "Das Besondere war, dass das Aneurysma der Bauchschlagader auf der für Operateure sehr heiklen Höhe der Nierenarterien lag, was den ohnehin schwierigen Eingriff noch komplizierter machte", sagt der Chefarzt. "Zudem handelte es sich um ein inflammatorisches Aneurysma, das mit dem umliegenden Körpergewebe stark verwachsen war." Keine einfache Sache für Gefäßchirurgen.

Eine große, offene Bauchoperation wäre für den über 70-jährigen Patienten vom Niederrhein viel zu gefährlich gewesen. So entschied das Ärzteteam um Prof. Geier und Oberarzt Dr. Harald Freis mit Hilfe eines Katheters einen Mini-Eingriff durchzuführen, der in weniger kniffeligen Fällen heutzutage schon häufig wird. Zusätzlich soll erstmals die neue Technik zum Einsatz kommen. "Durch den Katheter haben wir soeben ein Stück künstliche Bauchschlagader vom Bein bis in die Hauptschlagader im Bauchraum geschoben und dort verankert." Damit ist das Aneurysma beseitigt. Nun versorgen die Mediziner die lebenswichtigen Nierengefäße, die von der Bauchschlagader nach rechts und links zu den Nieren abzweigen, mit speziellen Gefäßstützen. Auch hierbei kommen Katheter als Transport-Vehikel zum Einsatz Diesmal werden sie jedoch über die Hauptschlagader am Arm eingeführt. Obwohl der Patient eine große Operation hat, wird er von der ganzen Prozedur keine große Narbe zurückbehalten - und schon gar nicht am Bauch. Lediglich die kleinen Hautschnitte für die Katheter in der Leiste und am Arm werden dem Kennerblick später einmal die stattgefundene Operation verraten.

Der spannende Teil der Operation naht. Jetzt schieben die Chirurgen durch den Katheter im Arm des Patienten zwei Gefäßstützen bis in beide Nierenarterien vor. Die Gefäßstützen sorgen dafür, dass sich die beiden Arterien nicht verschließen können. Das könnte zum Beispiel durch das genau auf Höhe der Nierenartrien in die Aorta eingesetzte Stück künstliche Bauchschlagader geschehen. Deswegen platzierenden die Ärzte die Gefäßstützen so, dass sie - durch spezielle Löcher in der künstlichen Bauchschlagader hindurch - aus den Nierenarterien wie Schornsteine in die große Bauchschlagader hineinragen. "Man nennt das Verfahren deshalb 'Schornstein-Technik', erläutert der Chefarzt. Die "Schornsteine" sorgen dafür, dass die Blut ungehindert von der Aorta in die Nierenarterien hineinfließen und die Nieren mit Blut versorgen kann. Die Schornstein-Technik ist somit ein Verfahren, das eventuelle spätere Komplikationen zuverlässig vermeiden hilft. Denn bislang galt bei Katheter-Eingriffen an der Bauchschlagader die Stelle, wo die Nierenarterien abzweigen, als absolute Tabuzone für jeden Chirurgen. Patienten, die genau dort an einer Aussackung der Bauchschlagader litten, hatten ein echtes Problem. "Jetzt können wir endlich auch diesen Patienten mit der schonenden Kathetertechnik helfen", sagt Professor Geier.

"Die 'Schornstein'-Methode ist trotz Mini-Eingriffs für uns Chirurgen relativ aufwendig und kann in Deutschland bislang nur in einem knappen Dutzend Kliniken durchgeführt werden", erklärt Prof. Geier. Moers gehört nun dazu, was am meisten den aus Rheinberg Patienten freut. Nach der erfolgreichen Operation ist er aus dem Krankenhaus wieder entlassen worden und kann, von gelegentlichen Nachuntersuchungen per Ultraschall abgesehen, ein ganz normales Leben führen.

 

 

Pressefoto: Chefarzt Prof. Bruno Geier (re.) mit Oberarzt Dr. Harald Freis (li.) bei der Morgenvisite in der Gefäßchirurgie Bethanien.