18.07.13

Der Doktor spricht deutsch

Ausländische Ärzte sollen über „ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache“ verfügen, beschlossen die Landesgesundheitsminister Ende Juni einstimmig. Im Moerser Krankenhaus Bethanien sind

In der Ärztebibliothek des Bethanien-Krankenhauses büffeln junge Ärztinnen und Ärzte. Keine medizinischen Themen stehen auf dem Programm, hier wird Deutsch gelernt. Statt an Knie oder Nase operieren die aus dem Ausland nach Moers gekommenen Mediziner an komplexer Grammatik, fühlen unregelmäßigen Pluralbildungen auf den Puls oder versuchen sich an der Diagnose vertrackter Satzstrukturen. Zwei Mal in der Woche treffen sich die neuen Bethanien-Mediziner zum Gruppenunterricht bei Dozentin Andrea Kroekel, immer nach dem regulären Dienst im Krankenhaus. Dazu gibt es ein Mal pro Woche Einzelunterricht für die Nachwuchsdoktoren, die aus Lettland, Rumänien, Spanien oder Bulgarien oder Polen stammen.

Ende Juni haben sich die Landesgesundheitsminister auf Eckpunkte für eine bundesweit einheitliche Sprachausbildung für in Deutschland tätige ausländische Ärzte verständigt. Für das Wohl und den Schutz von Patienten seien ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache unerlässlich, heißt es in dem Papier. Für das Krankenhaus Bethanien Moers ist das längst ein alter Hut. Hier sind seit anderthalb Jahren für alle neuen Mediziner aus dem Ausland Sprachkurse auf C1-Niveau verbindlich. C1 oder auch „Goethe C1“ ist die höchste Stufe beim Spracherwerb. "Angesichts von Ärztemangel und EU-Binnenmarkt ist das Krankenhaus Bethanien in gewisser Weise auch ein globales Unternehmen geworden", sagt der Ärztliche Direktor Dr. Thomas Voshaar. "Und das bedeutet, dass sich auf offene Stellen in unserer Klinik Ärzte aus dem Ausland bewerben, die ausgesprochen gut ausgebildet sind und darüber hinaus schon gute Deutschkenntnisse mitbringen." In Moers werden die neuen Mediziner von Anfang an auf C1-Niveau geschult. Der Unterricht ist verpflichtend, die Prüfung allerdings freiwillig.

Viele Krankenhäuser in Deutschland schicken ihre Mediziner in auswärtige Sprachkurse. Bethanien hat den Unterricht jedoch im eigenen Haus organisiert und zudem speziell auf den Krankenhausalltag ausgerichtet. So trainiert Deutschdozentin Andrea Kroekel solche Gesprächssituationen besonders intensiv, die immer wieder im Krankenhaus vorkommen. "In nachgespielten Arzt-Patienten-Dialogen werden dabei typische Gesprächsabläufe oder bestimmte Redewendungen geübt", berichtet Kroekel, die in Moers auch als langjährige Kursleiterin an der Volkshochschule tätig ist. Schließlich soll ein Doktor die Patienten nicht nur nach dem Befinden fragen, er soll auch deren Antworten verstehen. Selbst Arztbriefe, die von den Medizinern bei der Entlassung von Patienten für die Haus- und Fachärzte verfasst werden, sind fester Bestandteil des Unterrichts. „Bei Diagnose und Therapie darf es keine sprachlichen Unklarheiten geben“; sagt der Ärztliche Direktor Dr. Voshaar. Im Dezember werden die ersten Bethanien-Mediziner ihre „Goethe C1“-Prüfung ablegen.

 

Pressefoto: Büffeln für die Deutschprüfung (v.l.n.r.): Die Bethanien-Ärzte Dragos Cavulea und Andrei Constantinescu aus Rumänien, Petar Traikov aus Bulgarien, Sprachtrainerin Andrea Kroekel, Diana Aghinitei aus Rumänien, Natalia Jakuschenko aus Lettland, Halina Mycka aus Polen, Vladislav Raikov aus Bulgarien und Diana Chira aus Rumänien.