Seit September 2023 ist die neue Angio-Suite in der ersten Etage des historischen Bethaniengebäudes, direkt unter dem Giebel, zu finden. Das hat zwar jede Menge nostalgischen Charme, aber vorab auch umfangreiche Umbaumaßnahmen erfordert, um den statischen Anforderungen einer hochmodernen Katheteranlage zu genügen. Doch die Mühen haben sich gelohnt: Mit der Inbetriebnahme der Angio-Suite, die unter anderem mit der Unterstützung eines Großspenders realisiert werden konnte, wird Patient:innen ein breites Behandlungsspektrum an einem Ort.
Was ist eine Angio-Suite?
Eine Angio-Suite ist eine gefäßmedizinisch optimierte Röntgenanlage. Sie ermöglicht ein extrem hohes Maß an diagnostischer Präzision und sehr scharfe Bilder. Gleichzeitig ist sie flexibel für unterschiedliche Anwendungen in der Herz-Kreislauf-Medizin nutzbar.
Zu diesen Anwendungen gehören:
- interventionelle Kardiologie | Unter Einsatz von millimeterkleiner Mikrotechnologie können die Gefäße im und um das Herz sondiert und behandelt werden.
- interventionelle Elektrophysiologie | Mit ihrer Hilfe werden die elektrischen Rhythmen des Herzens, zum Beispiel bei Herzrhythmusstörungen, untersucht und können anschließend zielgerichtet behandelt werden.
- Gefäßchirurgie | Hierbei geht es um die operative Behandlung der inneren Gefäße wie Venen, Arterien und Lymphbahnen, zum Beispiel bei Durchblutungsstörungen oder Krampfadern.
- Device-Therapie | Sie umfasst Schrittmacher und Defibrillatoren, die bedarfsgerecht implantiert werden können.
Jede Menge Möglichkeiten – was kann die Angio-Suite?
Die Besonderheiten der Angio-Suite fangen bereits bei ihrem Inventar an. Der Untersuchungstisch, auf dem der bzw. die Patient:in während des Eingriffs liegt, ist maximal beweglich. Die Röntgendiagnostik kann so um den bzw. die Patient:in herum bewegt werden, wie man es sonst nur von innovativer Robotertechnik in der Automobilbranche kennt. Diese „Bewegungsfreiheit“ ist verknüpft mit modernster Technik – für eine optimale Bildqualität bei minimaler Belastung durch Röntgenstrahlen für den bzw. die Patient:in und den bzw. die Untersucher:in. Mit Hilfe von spezieller Software ist es in der Angio-Suite beispielsweise möglich, störende Umgebungssignale zu unterdrücken und Zielstrukturen (z. B. Gefäßstents) hervorzuheben. Darüber hinaus ist die Anlage mit modernster Technologie ausgestattet, mit der – im Rahmen von elektrophysiologischen Untersuchungen – für Laien endlos erscheinende Signale des Herzens abgegriffen werden können.
Doch die Angio-Suite ist nicht nur für minimalinvasive Herzkatheter-Eingriffe ausgelegt. Sie erfüllt auch die hohen sterilen Anforderungen eines Operationssaals. So können Gefäßchirurg:innen hier offen operieren. Das ebnet den Weg zu kombinierten minimalinvasiven, offen-chirurgischen Eingriffen.
Die neue Anlage erlaubt ebenso interventionelle Eingriffe an peripheren Gefäßen,
z. B. an Becken-Bein- oder Kopf-Hals-Gefäßen. Das ist wichtig, da beispielsweise die Arteriosklerose, eine Erkrankung, die zum Herzinfarkt und anderen Gefäßverschlüssen führen kann, nicht nur auf ein Organ begrenzt ist, sondern alle Gefäße im Körper betrifft.
Mit diesen zahlreichen Möglichkeiten können Patient:innen modernste Therapien im gesamten Spektrum der Herz- und Gefäßmedizin angeboten werden.
Die vielen und komplexen Herausforderungen werden dabei so behandelt, dass sie für die Patient:innen kaum sichtbar sind. Im Gegenteil. Kommen die Patient:innen in die Angio-Suite finden sie sich in einer patientenfreundlichen, warmen Atmosphäre wieder. Was wiederum wesentlich zur Zufriedenheit und damit auch zum Therapieerfolg beiträgt. Doch nicht nur die Angio-Suite allein, sondern vor allem die vielen Mitarbeiter:innen geben den Patient:innen ein gutes Gefühl.
„Der Eingriff war nicht so schlimm, wie gedacht“ – ein Patient berichtet
Ein gutes Gefühl hatte im vergangenen Jahr auch Patient Andreas Becker. Eigentlich war er zur Behandlung im Zentrum für Schlaf- & Beatmungstherapie, als zufällig ein Vorhofflimmern festgestellt wurde. Vorhofflimmern ist eine chaotische elektrische Erregung des Vorhofs, die auftritt, wenn im Übergang von der Lunge zum Vorhof elektrische Störsignale entstehen. Um das Vorhofflimmern zu behandeln, stand bei Andreas Becker bereits wenige Tage nach der Diagnose ein Eingriff in der neuen Angio-Suite an. Hierbei wurde eine sogenannte Pulmonalvenenisolation vorgenommen. Die Pulmonalvenenisolation ist ein minimalinvasiver, elektrochirurgischer Eingriff mit dem Ziel, das Übergreifen der Störsignale auf den Vorhof zu verhindern. Durch die Erzeugung von Narbengewebe werden die Lungenvenen elektrisch vom linken Vorhof isoliert. Dazu wird ein sehr dünner Draht (Katheter), in Andreas Beckers Fall über die Leiste, in die Lungenvene eingeführt. Von dort wird der Katheter über den rechten Vorhof über die rechte Vorhofscheidewand in den linken Vorhof eingeführt und die Lungenvenen dann mithilfe von Wärme oder Kälte, es gibt verschiedene Verfahren, vom Vorhof getrennt. In der Regel wird das Vorhofflimmern dann unterbunden. Das Gute: Das Ganze ist für einige Patient:innen etwas unangenehm aber nahezu schmerzfrei, da das Herz innen keine Schmerzfasern hat.
Andreas Becker beschreibt den Aufenthalt im neuen Labor als weniger schlimm als erwartet. Es habe eine gute Atmosphäre geherrscht. Als er aufgewacht sei, habe er gar nicht gemerkt, dass der Eingriff schon stattgefunden hatte. In regelmäßigen Abständen muss er zum EKG zur Kontrolle, ansonsten sei er sehr froh, dass die Geschichte für ihn erledigt sei.