18.10.22

Sahar kann wieder laufen

Unfallchirurgen des Krankenhauses Bethanien bewahren Mädchen aus Afghanistan mit Beinverletzung vor Amputation

Im Spielzimmer der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Moerser Krankenhauses Bethanien sitzt Sahar (Name geändert) in ihrem Rollstuhl. Das Mädchen tüftelt gemeinsam mit einer Betreuerin an einem Kinderpuzzle. Auf dem Puzzle-Bild werden Stück für Stück die Figuren zweier Mädchen aus einem Disneyfilm erkennbar, die so alt sein könnten wie Sahar. Das Mädchen aus der Stadt Herat im westlichen Teil Afghanistans ist jung und doch hat es bereits eine Menge erlebt. Mit einer Beinverletzung kam es im März nach Deutschland und lebt seitdem im Friedensdorf International in Oberhausen, wo Kinder aus Kriegs- und Krisenregionen während ihrer medizinischen Behandlung in Deutschland unterkommen. Seit vielen Jahren kooperiert die Hilfsorganisation unter anderem mit dem Krankenhaus Bethanien. Dort behandeln Ärzte- und Pflegeteams Kinder aus dem Friedensdorf oftmals über mehrere Monate. Sahar ist eine von ihnen.

Das Mädchen litt an einer chronischen Entzündung in einem Knochen ihres rechten Beins, in dem sich nach einer Verletzung ein Keim gebildet hatte. Weil es in Afghanistan oft nicht die medizinischen Möglichkeiten gibt, diese Verletzungen ausreichend zu behandeln, entstehen chronische Entzündungen, die zu Verformungen führen können. Im Fall von Sahar hätte das verletzte Bein später sogar amputiert werden müssen. Glücklicherweise besteht seit vielen Jahren die Kooperation zwischen dem Friedensdorf und dem Krankenhaus Bethanien, wo der Chefarzt der Unfallchirurgie & Orthopädie Dr. Christoph Chylarecki und sein Team Kinder mit solchen Verletzungen bereits viele Male erfolgreich operieren konnten. „Im Westen sind solche Verletzungen eher unbekannt, da hier die medizinische Versorgung, unter anderem mit Medikamenten wie Antibiotika, besser ist“, so Imre Takács, Kinderorthopäde und Oberarzt der Klinik. Gemeinsam mit Dr. Chylarecki operierte er von Ende April bis Ende Mai Sahar insgesamt drei Mal.

Die Chirurgen versorgten das Mädchen während der im Schnitt anderthalbstündigen Operationen unter anderem mit sogenannten Antibiotikaketten, die sie in den entzündeten Beinknochen legten. Die hochwirksamen Medikamente sollten dafür sorgen, dass die Entzündungsherde abklingen und sich der Knochen wieder beruhigt. Auch nach der Operation musste sie weiterhin Antibiotika einnehmen, damit die gesamte Therapie wirkt. Noch im Sommer war die kleine Patientin einige Male zu Kontrollen im Krankenhaus, wo sie während ihrer gesamten Behandlung ein Team aus Kinderärzt:innen, Pflegekräften und Physiotherapeut:innen betreute. Mit Erfolg: Inzwischen läuft das Mädchen wieder, ohne auf den Rollstuhl oder auf Krücken angewiesen zu sein. In den nächsten Wochen kann sie nach knapp 9 Monaten Aufenthalt in Deutschland die Heimreise antreten und wieder zurück zu ihrer Familie nach Afghanistan.

Pressefoto

Im Sommer war sie noch auf den Rollstuhl angewiesen, inzwischen läuft sie wieder: Die kleine Sahar aus Afghanistan mit dem Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie & Orthopädie Dr. Christoph Chylarecki (Mitte), Oberarzt und Kinderorthopäde Imre Takács (re.) und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Franziska Gohl (li.) vor dem Eingang des Krankenhauses Bethanien.