13.08.24

Spontaner Ermüdungsbruch des Kreuzbeins als Ursache von Rückenschmerzen: Selten, aber nicht so selten, wie bislang angenommen

Dr. Christoph Chylarecki, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie & Orthopädie Bethanien, klärt auf

Bis vor einigen Jahren waren spontane Ermüdungsbrüche des Kreuzbeins, die Schmerzen im unteren Rücken bei den Patient:innen verursachen, eher eine Seltenheit. In letzter Zeit nehmen diese Fälle jedoch zu. Warum das so ist, welche Patient:innen betroffen sind und mit welchem minimalinvasiven Eingriff das Krankenhaus Bethanien für eine Heilung ohne lange Bettruhe sorgt, erläutert Dr. Christoph Chylarecki, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie & Orthopädie. 

„Es lässt sich beobachten, dass es bei Patientinnen und Patienten immer häufiger im Verlauf der Lastübertragung von der Wirbelsäule auf die Beine im Bereich des hinteren Beckens, genauer gesagt des Kreuzbeins, zu spontanen Brüchen kommt. Die Schmerzen, die dabei im unteren Rücken auftreten, sind ähnlich den Schmerzen, die bei einem Bandscheibenvorfall oder schlicht durch Verschleiß entstehen“, betont Dr. Chylarecki. „Anatomisch ist das Kreuzbein gelöchert. An diesen Schwachstellen kommt es zum Bruch. Der Knochen bricht dabei in sich – er wird instabil und verliert an Festigkeit. Für die Patientinnen und Patienten ist die Stelle, wo der Schmerz herkommt, schwer zu lokalisieren. Hausärztinnen und -ärzte sowie Orthopädinnen und Orthopäden konzentrieren sich für gewöhnlich auf die Wirbelsäule und können dort oftmals nur Verschleiß erkennen. Die eigentliche Ursache liegt jedoch eine Etage tiefer, im Kreuzbein. Nicht ohne Grund werden in der Umgangssprache die Wirbelsäulenbeschwerden als ,Kreuzschmerzen‘ bezeichnet. Oft wird dann versucht, mit Massagen und Spritzen für Linderung zu sorgen. Weil die ausschlaggebende Ursache der Schmerzen jedoch nicht erkannt wird, bleibt das Schmerzempfinden“, erklärt der erfahrene Unfallchirurg und Orthopäde. „Die Feststellung eines Kreuzbeinbruchs ist schwierig und sehr aufwendig. Mithilfe von Röntgen wird der Bruch gar nicht sichtbar, im Computertomografen wird er lediglich in 50 % der Fälle erkannt. Die endgültige Diagnose kann nur über das MRT erfolgen.“

In der Vergangenheit waren vor allem Soldat:innen und Sportler:innen von den sogenannten Ermüdungsbrüchen betroffen. Besonders an den Füßen kamen sie durch ungewohnte und zu hohe Belastungen zu Stande. Mittlerweile entstehen sie jedoch überall. Die meisten Menschen mit einem Kreuzbeinbruch sind zwischen 60 und 90 Jahre alt. Als Ursache gilt zum einen Osteoporose. Der Knochen ist zu schwach und bricht. Oder es kommt zu einer ungewohnt starken Belastung und oftmals sogar Überlastung des Knochens, der dann schließlich einen Bruch erleidet. Für die Behandlung von Kreuzbeinbrüchen ist für gewöhnlich keine Operation nötig. Durch ein Ruhigstellen des Knochens heilt der Bruch von allein. Jedoch erfordert die Heilung eine mehrwöchige Bettruhe – ohne Laufen oder Bewegung. 

Operativ, minimalinvasiv – für eine schnellere Heilung 

„Viele meiner Patientinnen und Patienten mit einem Ermüdungsbruch des Kreuzbeins halten es nach wenigen Tagen Bettruhe nicht mehr aus – und suchen nach einer Lösung, um schneller wieder gesund zu werden. Wir im Bethanien haben eine eigene Technik zur operativen Behandlung entwickelt, wenn Patient:innen nicht mehrere Wochen lang liegen bleiben wollen“, so Dr. Chylarecki. Bei dem minimalinvasiven Eingriff wird der Bruch mit zwei circa zehn Zentimeter langen Schrauben stabilisiert. Lediglich ein zwei bis drei Zentimeter langer Schnitt ist dafür nötig. Unter Röntgen werden die Schrauben dann eingesetzt und der Kreuzbeinknochen versteift, sodass er anschließend heilen kann. Die Schrauben können ein Leben lang im Körper verbleiben. Der Vorteil: Die Belastung für die Patient:innen durch die OP ist sehr gering. Nach der Operation müssen die Patient:innen nur einige Tage im Bett verbringen, dürfen nach einer Woche aufstehen und kommen im Anschluss in die Reha. Nach gut sechs Wochen ist die Behandlung im Regelfall vollständig abgeschlossen. Ohne, dass die Betroffenen mehrere Wochen Bettruhe einhalten müssen.

Bislang wurden in der Klinik für Unfallchirurgie & Orthopädie über 60 Patient:innen mit einem spontanen Ermüdungsbruch des Kreuzbeins erfolgreich operiert. „In der Umgebung wird ein Kreuzbeinbruch bis dato kaum bis gar nicht mit der von uns genutzten Technik operativ behandelt. Dabei sind unsere Ergebnisse sehr positiv zu betrachten: Es gibt wenige Beschwerden nach den Operationen und kaum Rückläufer“, schließt der Mediziner. 

 

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Dr. Christoph Chylarecki, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie & Orthopädie Bethanien, erklärt, wie spontane Kreuzbeinbrüche operativ behandelt werden können.